Collage Werbetafel CityBreeze aus mehreren Perspiktiven mit dem davor stehenden Luftmessgerät air-Q und der Aufschrift "Wir haben nachgemessen: CityBreeze – Grünes Marketing auf dem Prüfstand".
Testmessungen

Grüne Werbetafeln für eine saubere Stadtluft – Wie wirksam sind die CityBreeze wirklich?

Eine saubere und frische Luft für alle Stadtbewohner verspricht die Green City Solutions GmbH. Mit regenerativen Bio-Tech-Filtern aus Moos soll die Umgebungsluft gesäubert werden. Ob das überhaupt funktioniert, haben wir mit unserem Luftmessgerät an einer CityBreeze Werbetafel in Leipzig getestet. Die Ergebnisse erfahren Sie hier.

Autor:

Undine Jaehne

Datum:

28.7.2023

Versprechen & Ziele der CityBreeze Werbetafeln

Während auf der Vorderseite der CityBreeze Stelen ein 75 Zoll LCD-Screen Werbeanzeigen ausstrahlt, befindet sich auf der Rückseite eine lebendige Mooswand. Laut Hersteller soll diese kleinste Partikel wie Feinstaub, Viren, Bakterien sowie Gerüche und Gase aus der Luft filtern. Zudem binde das Moos klimaschädliche Treibhausgase. Indem Feuchtigkeit auf der Moosoberfläche verdunstet, soll zudem die Umgebungsluft sogar um einige Grad gekühlt werden. Betrieben werden die Werbetafeln mit Ökostrom, damit die digitalen Werbeträger einen möglichst geringen CO2-Footprint hinterlassen und die Außenwerbung klimafreundlicher sowie nachhaltiger wird. 

Der Hersteller verspricht mit seinen weltweit ersten regenerativen Bio-Tech-Filtern eine nachweisbare Verbesserung der Luftqualität: Bis zu 82 Prozent des in der durchströmenden Luft enthaltenen Feinstaubs sollen die grünen Werbetafeln entfernen. Für einen merkbaren Effekt stellt Green City Solutions ihre Werbetafeln vorrangig an hochfrequentierten Standorten wie einem Einkaufszentrum, Parkplätzen oder an anderen belebten Plätzen auf.

Ob die CityBreeze halten, was sie versprechen, haben wir nun nachgemessen.

air-Q Praxistest: Messbare Luftreinigung & Auswirkung der CityBreeze auf die Luftqualität

Unsere Testmessung führten wir in Leipzig im Stadtteil Plagwitz durch. Hier steht die CityBreeze Werbetafel an einer belebten Hauptstraße neben einem Einkaufszentrum und einem Fitnessstudio. Der Screen ist zur Straßenseite hin ausgerichtet, während die rückwärtige Mooswand auf eine Hauswand zeigt. Um die Werbetafel herum ist eine hölzerne Sitzbank gruppiert, sodass man sich setzen und die gereinigte Luft im besten Fall direkt spüren kann. Damit wir die Auswirkungen der Luftreinigung in der ausströmenden Luft nachvollziehen konnten, haben wir mehrere Luftmessgeräte auf verschiedenen Höhen vor der Werbetafel platziert. So konnten wir verschieden große Personen imitieren und den Luftstrom an unterschiedlichen Punkten überprüfen.

Werbestele Citybreeze auf deren Sitzbank drei Luftmessgeräte air-Q stehen
Praxistest Werbetafel CityBreeze & Luftmessgerät air-Q

Zunächst prüften wir die Umgebungsluft vor der Werbeanzeige. Der Testzeitraum betrug zehn Minuten am Vormittag zwischen 10:26 und 10:36 Uhr. Anschließend erhoben wir die Messdaten auf der Rückseite der Stele, um die Wirkung des Luftreinigers zu prüfen. Hier ließen wir die drei air-Qs zwischen 10:40 und 10:55 Messdaten sammeln. Dabei stellten wir sie mal weiter weg und mal möglichst nah an die Lamellen und richteten die Sensoren zu diesen aus, um den direkten Luftstrom zu ermitteln. Da sich die Messwerte ähneln, zeigen wir im Folgenden jeweils ein Diagramm eines Luftmessgeräts als Beispiel – zeigen jedoch ebenfalls die Messwerte der restlichen Geräte.

Werbestele Citybreeze Rückansicht der Mooswand vor der drei Luftmessgeräte air-Q auf unterschiedlich hohen Kartons stehen
Der ait-Q wurde auf verschiedenen Höhen hinter dem Luftfilter positioniert.

Unser Test erhebt dabei keinen Anspruch auf wissenschaftliche Unantastbarkeit. Da die Werbetafel im urbanen Raum steht, konnten wir sie nicht unter Laborbedingungen testen. Besucher, die die Sitzbank nutzen, befinden sich ja ebenfalls in der realen Situation.

Kann eine CityBreeze Stele den Feinstaubgehalt in der Luft reduzieren?

Direkt vor der Stele konnte das Luftmessgerät air-Q lediglich eine sehr geringe durchschnittliche Feinstaubbelastung der größeren PM₁₀-Feinstaubmoleküle von 5 μg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter) bzw. 6 μg/m³ (Testgerät 2 & 3) in der Umgebungsluft feststellen. Feinstaub entsteht unter anderem durch Bremsabrieb von Autos und ist sehr ungesund, wenn man es einatmet. Auch der Wert der kleineren PM₂,₅-Partikel lag im Durchschnitt nur bei 4 μg/m³ (Testgerät 1 & 2). Einen bedenklichen Grenzwert erreicht dieser Luftschadstoff hingegen erst bei 40 μg/m³. Daher schwebten in der Luft kaum Schadstoffe, die der Filter hätte entfernen können.

Auswertungsdiagramm PM₁₀-Messwerte einströmende Luft

Luftmesswert-iagramm zum Schadstoff Feinstaub
Die Feinstaubbelastung am Messtag war gering

Auswertungsdiagramm PM₂,₅-Messwerte einströmende Luft

Luftmesswert-Diagramm zum Luftschadstoff Feinstaub
Auch die Belastung mit kleineren Feinstaubpartikeln war gering.

Ein Unterschied zwischen der Qualität der einströmenden und ausströmenden Luft war nicht feststellbar. Demnach können unser Experiment sowie die Auswertung der Messdaten keine Wirkung erkennen oder belegen. Auf der Seite des Moosfilters herrschten dieselben PM₁₀-Messwerte von durchschnittlich 5 μg/m³ (Testgerät 1 & 2, Testgerät 3 stellte einen Durchschnittswert von 4 μg/m³ fest) bzw. 4 μg/m³ (Testgerät 1 & 2, Testgerät 3 stellte einen Durchschnittswert von 3 μg/m³ fest) bei den kleineren Feinstaubteilchen.

Auswertungsdiagramm PM₁₀-Messwerte ausströmende Luft

Auswertungsdiagramm Luftmessung Feinstaub
Eine Filterleistung kann bei der ausströmenden Luft nicht festgestellt werden

Auswertungsdiagramm PM₂,₅-Messwerte ausströmende Luft

Auswertungsdiagramm Luftanalyse Feinstaub
Auch bei den kleinen Feinstaubpartikeln ist keine Änderung bei der Luftanalyse ablesbar

Wie wirkt sich der Moosfilter einer CityBreeze Werbetafel auf den Stickstoffdioxid-Gehalt der Luft aus?

Neben der Wirkung auf Feinstaub haben wir auch die Veränderung des Messwertes Stickstoffdioxid beobachtet. Stickoxide entstehen bei hohen Temperaturen, z.B. in Motoren und gelangen durch die Autoabgase in die Luft. Die einströmende Luft an der befahrenen Straße war mit durchschnittlich 38,81 μg/m³ angereichert. Im Verlauf stieg die Belastung von knapp 30 auf über 50 μg/m³ an und überstieg somit bei allen Testgeräten den Grenzwert von 40 μg/m³. Dies zeigt den Anstieg des Verkehrsaufkommens und somit die Belastung durch Autoabgase während der Testphase.

Auswertungsdiagramm Stickstoffdioxid-Messwerte einströmende Luft

Auswertungsdiagramm Luftanalyse Stickstoffdioxid
Die Belastung der Umgebungsluft durch Stickstoffdioxid nimmt während der Luftanalyse zu

In der ausströmenden Luft waren hingegen nur noch durchschnittlich 23,84 μg/m³ (Testgerät 1) enthalten. Wobei der Anfangswert zunächst von ca. 30 μg/m³ auf knapp 10 μg/m³ fiel, danach jedoch kontinuierlich wieder anstieg und gegen Versuchsende ebenfalls den Grenzwert von 40 μg/m³ überschritt. Diese Entwicklung zeigten auch die anderen Testgeräte. Somit konnten wir keine signifikante Verbesserung der Luftqualität in Form einer Reinigung der einströmenden, Stickstoffdioxid-haltigen Luft nachweisen.

Auswertungsdiagramm Stickstoffdioxid-Messwerte ausströmende Luft

Auswertungsdiagramm Luftanalyse Sticktoffdioxid
Nach kurzem Absinken der Luftbelastung, nimmt der Schadstoffgehalt in der Luft wieder zu

Verbessert ein Moosfilter die relative Luftfeuchtigkeit?

Außerdem prüften wir die relative Luftfeuchtigkeit. Die einströmende Luft besaß eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von 35,07 (Testgerät 1), 43,99 (Testgerät 2) und 37,89 (Testgerät 3) Prozent. Wobei diese kaum Schwankungen unterlag und als konstante Linie in unserem Auswertungs-Chart auftritt. 

Auswertungsdiagramm Luftfeuchtigkeit der einströmenden Luft

Auswertungsdiaramm Messwert Luftfeuchtigkeit
Das Luftmessgerät air-Q stellte eine hohe Luftfeuchtigkeit in der Umgebungsluft fest

In der austretenden Luft konnte der air-Q eine merklich höhere durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von 41,77 (Testgerät 1), 43,86 (Testgerät 2) und 43,45 (Testgerät 3) Prozent feststellen. Während der Messwert bei Testgerät 1 während des Praxistests leicht anstieg, sank er bei Gerät 2 und blieb bei Gerät 3 relativ konstant. Die unterschiedlichen Höhen der positionierten Luftmessgeräte scheinen sich demnach auf die Luftzusammensetzung auszuwirken.

Auswertungsdiagramm Luftfeuchtigkeit der ausströmenden Luft

Auswertungsdiagramm Luftmessung Luftfeuchtigkeit
Die Luftfeuchtigkeit konnte durch den Moosfilter erhöht werden

Kann eine CityBreeze Werbeanzeige die Lufttemperatur abkühlen?

Die CityBreeze Werbetafeln versprechen einen Kühleffekt von bis zu 4°C bei einer Leistung von über 2.000 Watt. Auch diesen Messwert haben wir mit dem air-Q erhoben. Auf der Seite des Screens, also der einströmenden Luft, schwankte die Temperatur zwischen 28 und 32°C. Das Luftmessgerät air-Q ermittelte eine durchschnittliche Temperatur von 31,29 (Testgerät 1), 26,54 (Testgerät 2) und 29,28 °C (Testgerät 3).

Auswertungsdiagramm Lufttemperatur der einströmenden Luft

Auswertungsdiagramm Luftmessung Temperatur
Die Umgebungsluft vor der Werbetafel war laut air-Q Luftmessung sehr hoch

Da die Sonne während des Testzeitraums von vorn auf den Werbe-Screen fiel, entstand auf der Seite der Mooswand ein natürlicher Schatten und die Umgebungstemperatur war ohnehin deutlich geringer als in der direkten Sonne. Demnach konnten wir einen erheblichen Temperaturunterschied hinter dem Moosfilter feststellen, jedoch diesen nicht eindeutig der Stele zuzuschreiben. Auch im Schatten ringsum der Werbeanzeige waren deutlich geringere Temperaturen feststellbar. So zeigte Testgerät 1 eine durchschnittliche Temperatur von 26,98, Gerät 2 26,75 und Gerät 3 26,08°C.

Auswertungsdiagramm Lufttemperatur der ausströmenden Luft

Im Schatten der Werbetafel konnte das Luftmessgerät air-Q deutlich niedrigere Temperaturen messen

Unser Fazit zum CityBreeze Test

Unsere Messdaten zeigten keine signifikante Auswirkung des Moos-Luftfilters auf die Luftqualität. Wir konnten daher weder eine luftreinigende Wirkung spüren noch messen. Bei unserer getesteten Werbetafel war das verwendete Moos jedoch an vielen Stellen sehr vertrocknet und bedeckte die Rückwand nicht flächendeckend. Daher ist es möglich, dass die Mooswand nicht adäquat arbeitete. Laut Webpräsenz des Herstellers werden die Wände regelmäßig gewartet – das Intervall hierfür müsste demnach stark verkürzt werden, um die Funktionsfähigkeit überhaupt zu gewährleisten. Vom beworbenen “smarten Bewässerungssystems” des Herstellers haben wir nichts mitbekommen.

Die Mooswand der CityBreeze Stele ist angegriffen.

Da die Tafel nicht kurzmaschig gepflegt wird, stellt sich die Frage, ob die Funktionsfähigkeit der Mooswand überhaupt im Fokus des Betreibers liegt. Möglicherweise ist die Funktionalität der Werbetafel und der Verkauf von Werbeplätzen unter einem ökologisch vertretbaren Label eher das Ziel.

Zudem ist uns aufgefallen, dass sowohl der Standort, als auch die Konstruktion der Bank nicht unbedingt zum Verweilen einlädt. Wir haben eine starke Geräuschbelastung durch den Verkehr wahrgenommen. Möchte man an einer stark befahrenen Straße im Industriegebiet verweilen und die “frische Brise” genießen? Oder sollen nur möglichst viele Autofahrer die Werbebotschaft wahrnehmen?

Wie grün sind die CityBreeze also wirklich oder handelt es sich gar um Greenwashing? Schließlich werben die Aufsteller damit, das erste wirklich grüne Werbenetz zu sein. Die Strahlkraft dieses Werbeslogans könnte sich ebenfalls auf die sich hier präsentierenden Unternehmen und Produkte auswirken.

Werbestele CityBreeze mit Werbeslogon "Das erste wirklich grüne Werbenetz"
Wie grün ist dieses Werbenetz wirklich?

Während unseres Praxistests beschäftigten uns weitere Fragen. Etwa: Warum wird der Strom für die Werbescreens nicht durch die Stelen selbst über Solarpanels generiert? Wie viele Werbetafeln müsste man in einer Stadt aufstellen, um wirklich für bessere Luft zu sorgen? Und warum sind die Bänke so konzipiert, dass die Sitzenden, statt zum Luftreiniger zu schauen, sich von diesem abwenden? Wäre die Sitzrichtung auf den Filter gerichtet, würden die verweilenden Personen deutlich leichter die gefilterte, frische Luft einatmen können.

Außerdem führt der Hersteller der CityBreeze Aufsteller auf der eigenen Website an, dass der Luftqualitäts-Sensor die Filterleistung und Umweltdaten messe und in Echtzeit anzeigen würde. Vielleicht geschieht dies auf einer externen Plattform. An der Stele selbst werden die Daten jedoch nicht angezeigt und leider auch kein Hinweis gegeben, wo man die Daten einsehen könne. Wir hätten sehr gern die Daten der Tafel zur Verbesserung der Luftqualität mit den Messdaten der air-Qs zeitgleich verglichen.

Referenzen

Beitragsbild: air-Q/canva.com

Charts: Auswertungsdiagramme air-Q

Bilder CityBreeze Stelen & air-Q: air-Q

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